Sonntag, 27. März 2016

Änderungsvorschläge und Anmerkungen zum AfD-Grundsatzprogramm


Der 74-seitige (78 S. mit Inhaltsverzeichnis) "Leitantrag der Bundesprogrammkommission und des Bundesvorstandes zum Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland" (wie das Ding offiziell heißt) ist hier über die Webseite der AfD öffentlich einsehbar.

Meine nachfolgenden Überlegungen dazu sind aufgeteilt in die beiden Abschnitte

·       Änderungsvorschläge und

·       Sonstige Anmerkungen



Dass meine nachfolgenden Kommentare fast ausschließlich kritisch sind, darf nicht zu der Annahme verleiten, dass ich den ganzen Entwurf für Mist halten würde.
Ganz im Gegenteil finde ich unser Grundsatzprogramm in den allermeisten Punkten sehr gelungen (und mein ausgedrucktes Handexemplar enthält eine Fülle von zustimmenden Ausrufungszeichen ;-) ).
Aber das im Detail aufzulisten wäre für die Leser langweilig und für die politischen Zielsetzungen - meine eigenen wie diejenigen der Partei - nutzlos.



I. ÄNDERUNGSVORSCHLÄGE

 
Vorbemerkung:

Angesichts der Kürze der Zeit zur Einreichung von Änderungsanträgen (Schlusstermin ist der 08.04.2016) und der Notwendigkeit (für einfache Mitglieder), 50 Unterstützerunterschriften von Parteifreunden beizubringen, werde ich selber es wohl nicht schaffen, die nachfolgend vorgeschlagenen Änderungsanträge einzubringen.
Wer mich dennoch unterstützen will, darf mir natürlich gerne Namen und AfD-Mitgliedsnr. mitteilen.

Ansonsten findet sich vielleicht eine Parteigliederung, die einen entsprechenden Antrag stellt oder, ganz unabhängig von mir, bereits gestellt hat?

Entsprechend ist es auch denkbar, dass andere Parteifreunde vergleichbare Anträge bereits gestellt haben oder stellen wollen; dann würde ich mich auch gerne denen anschließen.

 
1) Zu Ziff. 1.2 Abs. 2 + 3 (S. 17 Zeile 17 ff.; Konzentration der Staatstätigkeit auf "klassische" Bereiche)

Antrag:
Ich beantrage, die beiden Sätze

Es bedarf neuer Konzentration auf die vier klassischen Gebiete: Innere und äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung. Aufgaben jenseits dieser vier Kerngebiete bedürfen besonderer Rechtfertigung.

ersatzlos zu streichen.

Begründung:

1.     Die Vorstellung eines Staates, der sich auf die o. a. vier Aufgabenbereiche beschränkt, transportiert die ultraliberale Ideologie des 19. Jahrhunderts von einem "Nachtwächterstaat". Diese ist nicht weniger antiquiert wie die gleichzeitig entstandene marxistische Ideologie.

2.     Zumindest Infrastruktur, Bildung und Wissenschaft sowie soziale Fürsorge gehörten schon damals und gehören heute erst Recht zu den staatlichen Kernaufgaben.

3.     Dass die AfD die hier zum Ausdruck kommende Ideologie selber gar nicht wirklich vertritt, zeigt sich an einer Reihe von Forderungen im Programmentwurf:

·       Ziff. 5 Abs. 1 (S. 24, Z. 5 ff.): "Die politische Gestaltung der Bedingungen des Erwerbslebens und aller Systeme, die den Erwerbslosen auskömmliche Existenzbedingungen gewährleisten, gehört daher zu den bedeutungsvollsten Politikfeldern moderner Staatlichkeit."

·       Finanzielle Förderung von Eltern bzw. Familien, die an zahlreichen Stellen (gut begründbar) gefordert wird (z. B. 5.4.1 Abs. 1 - S. 25) und die natürlich eine staatliche Umverteilung von Einkommen beinhaltet.

·       Ziff. 14.6 (S. 71/72): Subventionierung ländlicher Räume.

·       Ziff. 10.8 (S. 52): Die Passage lässt eine Skepsis gegenüber der Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge erkennen.

 
2) Zu Ziff. 5.2 (S. 24; BA auflösen)

Antrag:
Ich beantrage, den gesamten Text zu Ziff. 5.2 ersatzlos zu streichen.

Begründung:

1.     Eine Organisation der Arbeitsvermittlung in Form von autonomen Einheiten auf kommunaler Ebene) wäre historisch ein Rückfall in die Anfänge der Vermittlung um 1900.

2.     Die angestrebte Organisation der Arbeitsvermittlung ist ineffizient und in keinster Weise mit der unter Ziff. 5 (S. 24, Z. 2) geforderten "hocheffizienten Volkswirtschaft" vereinbar.

3.     Der Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit soll flugs eine neue Behörde folgen: "Alle Anliegen zum Thema 'Arbeitslosigkeit und Lohnersatzleistung' werden durch eine Verwaltungsbehörde geklärt" (Z. 30 ff.). Das wäre in der Tat sachlich zwingend, um die Tätigkeit der Jobcenter auf irgend eine Weise zu koordinieren. Doch wäre es im Zeitalter der weltweiten EDV-Vernetzung ein Schildbürgerstreich erster Güte, wollte man eine straff durchorganisierte bundesweite Behörde durch ein Konglomerat autonomer, aber irgendwie doch zur Zusammenarbeit verpflichteter und von einer neuen Zentralbehörde auf welche Weise auch immer zu koordinierender Verwaltungsgebilden ersetzen.

4.     Zahllose vorhersehbare Schwierigkeiten etwa bezüglich Einheitlichkeit der Datensysteme, Einführung neuer Datenprogramme (Pflicht? Kostentragung?), Datensicherheit und Zugriffsberechtigungen springen bei nur oberflächlichem Nachdenken unmittelbar ins Auge.

5.     Eine Kommunalisierung der Arbeitsvermittlung schanzt den lokalen Kleinkönigen die Macht zur Pöstchenverteilung zu; Parteibuchwirtschaft wäre vorprogrammiert.

6.     Da die Mitteilaufbringung weiterhin zentral erfolgen würde und eine Verteilung kaum anders als nach der Anzahl der jeweiligen Arbeitslosen vorstellbar ist, ergäbe sich für das einzelne Jobcenter der perverse Anreiz, Arbeitslose möglichst lange NICHT in Arbeit zu vermitteln, sondern im Zustand der Arbeitslosigkeit zu halten.

7.     Schwerpunktmäßige Maßnahmen etwa bei Strukturwandel (historisches Beispiel: Einstellung des Kohlebergbaus) wären kaum möglich, weil die Mittelverteilung nach starren Kriterien erfolgen würde.

Fazit: Der Vorschlag Ziff. 5.2 erscheint ideologiegetrieben und macht eigentlich nur dann Sinn, wenn man die bundesweite und weltweite Arbeitsvermittlung bewusst gegen die Wand fahren will. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass der erste Entwurf der Programmkommission eine komplette Abschaffung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gefordert hatte (vgl. dazu meine Kritik "AfD-Programmentwurf: Libby Langfingers Dschihad gegen den Sozialstaat").

 
3) Zu Ziff. 6.4 Abs. 1 (S. 29 Z. 17 ff.; Renteneintritt abhängig von Kinderzahl)

Antrag:
Der Satz

"Neben dem Ausmaß der körperlichen Belastung durch den jeweiligen Beruf sollte z.B. auch die Anzahl der Kinder, für die ein Rentner während seiner Erwerbstätigkeit aufgekommen ist, für den Zeitpunkt des abschlagsfreien Renteneintritts ausschlaggebend sein"

wird geändert in:

"Dabei [i. e. bei der Verlängerung der Lebensarbeitszeit - vgl. vorangehenden Satz im Programm] ist das Ausmaß der körperlichen Belastung durch den jeweiligen Beruf angemessen zu berücksichtigen."

Begründung:
Das Grundsatzprogramm fordert an mehreren Stellen eine Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Rentenberechnung. Das ist sachlich gerechtfertigt, aber dabei muss es dann bitte auch bleiben.
Die AfD versteht sich hoffentlich nicht als Nikolauspartei mit der Lizenz zur grenzenlosen Verteilung von sozialen Wohltaten.


4) Zu Ziff. 11.4 (S. 57 Z. 15 ff.; Abschaffung Erbschaftssteuer)

Antrag:
Der letzte Absatz (Abschaffung der Erbschaftssteuer) wird ersatzlos gestrichen.

Begründung:

1.     Steuern auf bereits versteuertes Einkommen entrichten auch z. B. Arbeitnehmer, die beim Einkauf Umsatzsteuer bezahlen müssen.

2.     Das Eigentum an Produktionsmitteln usw. ist grundsätzlich segensreich; es ist aber in seinen Auswirkungen nicht ohne Ambivalenz. Die ständig steigende Kapitalkonzentration führt zu einer Refeudalisierung der Gesellschaft; dabei werden u. a. soziale Schichten zunehmend undurchlässig.

3.     Die hohen Exportüberschüsse Deutschland sind nur die andere Seite hoher inländischer Geldersparnisse. Diese Ersparnisse werden an das Ausland verliehen; auf Dauer führen aber die dadurch entstehenden Leistungsbilanzungleichgewichte zur Krisen wie der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007/2008 (auch als US-Immobilienkrise bekannt). Es ist davon auszugehen, dass die den Exportüberschüssen korrespondierenden Ersparnisse eher nicht bei den Arbeitnehmern anfallen, sondern bei anderen Schichten. Solche Überschüsse entstehen aber nur deshalb, weil die Geldsparer ihr Vermögen weder für Konsumzwecke noch für realwirtschaftliche Investitionen ausgeben. Diesen Zustand einer Kapitalüberakkumulation hatte bereits John Maynard Keynes in seiner "General Theory …" vorhergesehen (Kap. 24). Jenseits von Gerechtigkeitsfragen ist die Funktionsfähigkeit einer geldbasierten Wirtschaft eingeschränkt, wenn die Mittel gehortet, oder lediglich ins Ausland und für Konsumzwecke verliehen werden. Somit sprechen auch rein ökonomische Erwägungen für die Beibehaltung (und Erhöhung - aber das will ich hier nicht thematisieren) der Erbschaftssteuern.

4.     Leider ist auch unser Programm in den Versprechungen auf Ausgabenerhöhungen sehr konkret (Verteidigung, Gerichte, Eltern, Universitäten, ländliche Räume, überlastete Verwaltungszweige ….. sowie nicht zuletzt Schuldentilgung), während man konkrete Einsparvorschläge vergebens sucht ("Subventionsdschungel lichten" - 10.7, S. 52) ist ein politischer Klassiker, der bislang noch immer an der Realität zerschellt ist). Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich deshalb davon aus, dass auch die AfD als Regierungspartei jede nur denkbare Steuerquelle gebrauchen und alle Einnahmen mühelos verbrauchen würde.

 
5) Zu Ziff. 11.7 (S. 58; "Bank- und Steuergeheimnis wiederherstellen")
(geä. v. irrtüml. Ziff. 4 in richtig Ziff. 5 - 05.04.2016)
Antrag:
Ziff. 11.7 wird ersatzlos gestrichen.

Begründung:
Unter dem Motto "Der Bürger darf nicht zum gläsernen Untertanen werden" wird hier versucht, die Volkspartei AfD in einen Lobbyverein für potentielle Steuerhinterzieher umzufunktionieren.
Arbeitnehmer sind, was die Besteuerung angeht, schon längst "gläserne Untertanen". Auch Verbraucher haben kaum Möglichkeiten, sich auf illegalem Wege einer Besteuerung zu entziehen. Hinter dem vorliegenden Programmpunkt dürfen also die Interessen beispielsweise von Freiberuflern und Vermietern vermutet werden, die ihre Einkommensverhältnisse gegenüber dem Fiskus verschleiern und sich aus der Lastengemeinschaft der Steuerzahler verabschieden möchten.
Es ist äußerst befremdlich, dass derartige illegitime Partikularinteressen überhaupt ihren Weg in einen Programmentwurf der Alternative für Deutschland finden konnten.
Unsere Partei darf sich nicht von solchen Privatinteressen kapern lassen, die dem Interesse des Gemeinwesens diametral entgegenstehen (Griechenland lässt grüßen!).
Tut sie es dennoch, möge sie sich nicht wundern, wenn sie vom Wähler alsbald in die ALFA-Liga relegiert wird. Und dort, Freunde, gehört die AfD leider auch hin, wenn sie sich tatsächlich dazu missbrauchen lässt, die gerechte Lastenverteilung bei der Besteuerung der Bürger hinterrücks zu hintertreiben!
Ergänzend verweise ich auf meine entsprechende Kritik zum ersten Programmentwurf: "AfD-Programmentwurf: Libby Langfingers Förderprogramm für Steuerhinterzieher".

 
II. SONSTIGE ANMERKUNGEN

Vorbemerkung:
Die nachfolgenden Punkte sind mir nicht so wichtig, dass ich Änderungsanträge stellen würde. Insoweit möchte ich lediglich meine jeweilige Positionierung zur Debatte stellen.

Zu Ziff. 1.5.4 (S. 7/8, "Amtszeit begrenzen")
Die vorgeschlagene Begrenzung der Amtszeit für Abgeordnete und Bundeskanzler halte ich für kontraproduktiv. Sie schwächt die Stellung der Politiker (als "Dilettanten"), und damit letztlich die Stellung der Bürger gegenüber den Routiniers der Verwaltung. Politik ist kein Kinderspiel, das "jeder kann", und auch nicht im Schnellverfahren zu erlernen.
Außerdem sollte doch gerade die AfD als Advokatin einer Stärkung der Wählerrechte den Bürgern vertrauen, dass die selber entscheiden, wie lange sie einen Politiker im Amt lassen wollen.

Zu Ziff. 1.6.1 (S. 8/9, "Private Rentenvorsorge für Parlamentarier")
Mit Kritik an den herrschenden Konsensparteien war ich, wie insbesondere meine Facebook-Freunde wissen, niemals geizig. Gleichwohl stehe ich auch jenen Bürgern kritisch gegenüber, die die Politiker als Arschlöcher der Nation ansehen.
Die nicht immer schönen Vorgänge in der Politik (die sich ja sogar in unserem eigenen Programmentwurf finden lassen) sind nicht Ausdruck besonderer Bosheit oder Dummheit der Politiker, sondern reflektieren die unterschiedlichen und entgegengesetzten Wünsche und Interessen der Bürger selber. Zwischen denen zu vermitteln, und dennoch das Ganze im Auge zu behalten, ist eine hohe Kunst. Und ein Knochenjob, den ich persönlich nicht übernehmen möchte und mir auch nicht zutrauen würde.
Bei allem Zorn auf das Merkel-Regime übersehe ich gleichwohl nicht, dass es Länder gibt, in denen die Politik (und die Verwaltung) noch weit schlechter sind als in Deutschland.
Wenn ich beispielsweise an die Vergütung (und an die Ablösesummen) von Balltretern denke, dann muss ich sagen: Auch und gerade die Politiker haben ein anständiges Gehalt verdient, und auch eine anständige Rentenversorgung.
Auf diese Weise wird auch die Unabhängigkeit der Abgeordneten gestärkt und die Korruptionsanfälligkeit gemindert.
Und das liegt in unser aller Interesse!
(Der letzte deutsche Reichskanzler hatte großzügig auf sein Gehalt verzichtet. Unser Land hat diese Großzügigkeit teuer bezahlt. Das wird sich so nicht wiederholen; aber auch auf andere Weise kann sich der Bürger am Ende selber in den Hintern treten, wenn er gegenüber den Politikern allzu knickerig ist.)

Zu Ziff. 3.1 (S. 16/17, "Strafjustiz verbessern")
Frage eines Laien: Was spricht ggf. dagegen, das Risiko von Berufungen von Straftätern dadurch zu erhöhen, dass man auch für diese Fälle (also auch wenn die Staatsanwaltschaft keine Berufung einlegt) die Möglichkeit einer StrafVERSCHÄRFUNG durch die Instanzengerichte zulässt? Das würde sicherlich die Zahl mutwilliger Berufungen drastisch reduzieren. (Spiegelbildlich muss dann natürlich auch bei Berufungen der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit einer Strafmilderung gegeben sein, falls das jetzt - keine Ahnung - noch nicht der Fall ist.)

Zu Ziff. 3.7 (S. 26, Organisierte Kriminalität bekämpfen)
Frage eines Laien: Gäbe es noch unausgeschöpfte juristische Möglichkeiten, auch Angehörige krimineller Clans - bei Vorliegen von noch zu definierenden bestimmten Verhaltensweisen - den Strafnormen für Angehörige einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB, ggf. entsprechend zu ergänzen) zu unterwerfen?

Zu Ziff. 5.4.2 (S. 25/26, "Arbeit, die sich lohnt")
Mir ist nicht wirklich klar, wie sich die Situation gegenüber dem gegenwärtigen Alg II im Detail verändern würde. Auf jeden Fall schwant mir, dass es für den Steuerzahler teurer wird.

Zu Ziff. 5.4.3 (S. 26, "Kinder und Erziehungsleistung bei der Rente berücksichtigen")
Mir ist unklar, auf welche Weise ein "reformiertes Renten und Steuersystem" gewährleisten könnte, "dass kinderreiche Familien nicht mehr unter dem steuerlichen Existenzminimum leben müssen". Dafür müsste der Staat doch wohl besondere Zuschüsse leisten? Oder ist hier an eine Negativsteuer gedacht? Das sollte m. E. dann klargestellt werden!

Generelle Anmerkung zu den Überlegungen betr. Familienförderung (verschiedene Ziffern):
So ganz wohl ist mir dabei insofern nicht, als die ganze Förderung für das Daheimbleiben von Müttern und die Erziehung in frühen Lebensjahren daheim statt in Kitas auch sehr gut auf das moslemische Familienmodell passt. Und damit nicht gerade integrationsfördernd wirkt.
Ob wir uns da nicht ein gewaltiges Ei ins Nest legen???

Zu Ziff. 6.4 Abs. 2 (S. 29, Z. 26 ff., Reduzierung der Population zulassen)
Hier ausnahmsweise mal ein Lob, weil ich eine solche gute und mutige Idee anderswo noch kaum gefunden habe. Stände eigentlich den Grünen gut zu Gesicht (die das aber wohl nicht vertreten?). Zeigt mir jedenfalls, dass die AfD die Partei eines intelligenten Umweltschutzes ist!

Zu Ziff. 6.5 Abs. 3 (S. 30, Z. 8 ff., Kinderbetreuung als Wunschkonzert?)
Bei aller Liebe zur Familienförderung: Aber dass der Staat die 'finanzielle Realisierbarkeit' für eine Kinderbetreuung durch Kinderfrauen und Tagesmütter gewährleisten soll (oder gar noch die Betreuung durch die Großeltern vergüten?), das geht mir als Steuerzahler denn doch über die Hutschnur. Zumal eine solche Förderung in hohem Maße missbrauchsanfällig sein dürfte. Hier haben sich unsere Programmgestalter ALLZU WEIT vom Ziel eines sparsamen Staates entfernt!
Was darf ich mir unter einem "Steuer, Sozialversicherungs und Rentenrecht, das die Anerkennung von Erziehungsarbeit berücksichtigt" vorstellen? Soweit hier auch an staatliche Zuschüsse gedacht ist (wie sie bei Alleinerziehenden ja häufig erforderlich sind), sollte das explizit genannt werden. Ebenso, wenn die Zuschüsse in Form einer "Negativsteuer" fließen sollen.

Zu Ziff. 7.6.3 Abs. 1 (S. 35, Z. 1 - 3, "verfassungsfeindlichen Vereinen den Bau und Betrieb von Moscheen ….. untersagen")
Ich würde doch vorschlagen, dass verfassungsfeindliche Vereine verboten werden: Dadurch erledigt sich das Verbot des Bauens und Betreibens von Moscheen von selber. ;-)

Zu Ziff. 7.6.5 Abs. 3 (S. 36, Z. 6+7, kein Kopftuch im öffentlichen Dienst)
Nach meinem Empfinden sollte das "sollte" [nicht] durch ein "darf" [nicht] ersetzt werden. Bei Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst hat "das Kopftuch als religiöspolitisches Zeichen der Unterordnung von muslimischen Frauen unter den Mann" (so die - zutreffende - Beschreibung im Abs. 4) nichts verloren! (Dabei bleibt zu hoffen, dass auch das Bundesverfassungsgericht insoweit noch lernfähig ist.)

Zu Ziff. 8.2 (S. 38, Z. 21 - 23, gegliedertes Schulsystem)
Welchen Sinn der Satz "Die AfD bekennt sich zu christlicher Tradition, Humanismus und Aufklärung als tragende Säulen deutscher und europäischer Kultur und zum christlich humanistischen Wertekanon" im Zusammenhang mit der Forderung nach einem gegliederten Schulsystem hat, erschließt sich mir nicht.

Zu Ziff. 10.10.2 (S. 53, Z. 30/31, "sichere Kommunikation als Bürgerrecht")
"Die AfD sieht sichere Kommunikation als Bürgerrecht an".
Auch für Terroristen und die Organisierte Kriminalität???

Zu Ziff. 10.10.3 (S. 53/54, "Deutsche Literatur im Inland digitalisieren")
Hier geht die Reguliererei, aber auch die Deutschtümelei ("Nur die eigene Bevölkerung und deutsche Literaturfachleute können deutsche Literaturwerke gewichten.") für meinen Geschmack ein wenig zu weit.

Zu Ziff. 11.1 Abs. 2 (S. 56, "rechtsformneutrale Besteuerung")
Keine Ahnung, was das in der Praxis bedeuten würde; hier hätte ich mir definitiv einige erläuternde Worte gewünscht. Jedenfalls: Falls das wieder eine steuerliche Selbstbedienung für die Besitzenden sein sollte, bin ich dagegen. Und wenn ich das nicht nachvollziehbar erklärt bekomme, werde ich in Stuttgart bei diesem Punkt mit "nein" stimmen.

Zu Ziff. 11.2 (S. 56, Z. 20, "Staatsaufgaben reduzieren")
Dazu sagte schon Johann Wolfgang von Goethe: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube".
Daher halte ich auch rein gar nichts von einer verfassungsmäßigen Steuerlastgrenze im Grundgesetz.
Aber die kommt sowieso nicht, denn eine 2/3-Mehrheit der AfD im Deutschen Bundestag ist eher unwahrscheinlich. ;-)

Zu Ziff. 11.5 (S. 57, Z. 23/24, "reduzierte Umsatzsteuer")
"Umsatzsteuerbefreiungen und Ermäßigungen sollte es nur im Bereich der Daseinsvorsorge geben". Auch hier hätte ich mir eine Erläuterung gewünscht: Was bedeutet "Daseinsvorsorge"? Schließt das Lebensmittel und Bücher ein? Wenn nein, oder wenn ich keine nachvollziehbare Erläuterung bekomme, werde ich diesen Punkt ablehnen. (Falls über die Einzelpunkte abgestimmt wird: Keine Ahnung, wie das technisch abläuft???)

Zu Ziff. 11.8 (S. 58, Z. 15/16, Kein Bundeseingriff in lokale Angelegenheiten)
"Wir lehnen es ab, dass der Bund zentral steuernd in lokale und regionale Angelegenheiten eingreift." Das geht mir zu weit: Wie verhält sich das z. B. zu den geforderten lokalen Jobcentern? Macht da jeder, was er will? Und mit der Regelung in Ziff. 14.7 (S. 73 Z. 4 - 6; ich halte die übrigens für sehr vernünftig!) "Wir wollen Bundesbaugesetze, die um Ballungsgebiete herum eine ausreichende Baulandausweisung auch für die Ballungsgebietszentren ermöglichen. Diese sind dem Planungshoheitsrecht der betroffenen Umlandgemeinden vorzuziehen" scheint mir der hehre Vorsatz des Nichteingriffs auch nicht wirklich vereinbar zu sein.

Zu Ziff. 11.9 (S. 59, Z. 1/2, Niedrigzinsen gefährden private Alterssicherung)
"Dauerhaft niedrige Zinsen gefährden die Alterssicherung weiter Teile der Bevölkerung."
Das ist zwar in der Sache richtig; aber was hat das mit der in diesem Abschnitt behandelten Tilgung der Staatsschulden zu tun?


Zu Ziff. 11.11 (S. 59/60, Geldsystem überdenken)
(Korr. 29.03.16, von Text zu Ziff. 11.9 getrennt)
Björn Höcke schrieb neulich (meine Hervorhebungen):
"Die Geldschöpfung aus dem Nichts durch staatlich kontrollierte Notenbanken stärkt die Herrschaft des Kapitals über die anderen Produktionsfaktoren. Das Scheingeld des Geldsozialismus ist der Treibstoff des Kasinokapitalismus, der marktwirtschaftliche Selbstregulierungsprozesse teilweise außer Kraft setzt. 

Der Wachstums- und Rationalisierungsdruck, der auf der Realwirtschaft lastet, und der auch dazu führt, daß der Mittelstand verschwindet und immer mehr Menschen in Deutschland von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können, hat seinen Ausgang auch in einem kranken Geldsystem.
Wer in die Diskussion über den Mindestlohn einsteigt, sollte sich darüber im Klaren sein, daß er sich im Bereich des Nachsteuerns bewegt, also Symptompolitik betreibt. Das ist mir für die AfD zu wenig. Sie muß den Anspruch haben, die Ursachen für Fehlentwicklungen zu benennen. Der Kasinokapitalismus und der mit ihm korrespondierende Geldsozialismus dürfen nicht das Ende der Weltgeschichte sein. Die AfD muß Visionsfähigkeit zeigen. Dazu gehört auch der Mut, den Kapitalismus neu zu denken."
Ähnliche Stimmen gegen das (wie auch immer gedachte) angeblich irgendwie böse Geldsystem hört man innerhalb und außerhalb der AfD öfter.
Das ist Mumpitz: Es ist nicht das Geldsystem [Erg. 29.3.: hier mehr], das die Reichen immer reicher macht, sondern das Eigentumssystem und die Möglichkeit, "Zinsen" auf sein eingesetztes Kapital zu verlangen. (In welcher Form auch immer, also JEDER Kapitalertrag, nicht etwa nur Bankzinsen usw.!)
Das ganze Geschwätz unzähliger Monetär-Schamanen über das ach so böse Geldsystem erfüllt (ohne dass es den Akteuren selber bewusst sein müsste!) nur einen einzigen Zweck: Das Eigentumssystem (das ich damit nicht angreifen will; ist fixiere diesen Sachverhalt hier lediglich als Beobachter!) aus der Schusslinie zu bringen. Jeder - außer mir ;-) - hat ein paar Euronen auf dem Konto. Und so haben die Multimilliardäre Millionen Verbündete, die sich alle auf den Schlips getreten fühlen, wenn jemand die Kapitalüberakkumulation problematisiert. Und dennoch bleibt die schlichte Wahrheit zeitlos gültig: "Der Teufel sch't immer auf den größten Haufen". ;-)

Weiterhin zum Höcke-Text:
Fiatgeld wird per definitionem immer "aus dem Nichts" geschöpft (sonst wäre es  nämlich kein "Fiatgeld"). Das heißt aber noch lange nicht, dass es ein "Scheingeld" wäre. (Was, bitte, soll das überhaupt sein? Schließlich können wir doch bezahlen mit unserem Geld???)
Die einzige Alternative zu Fiatgeld wäre Warengeld (z. B. Goldgeld).
Das freilich nur rein theoretisch; praktisch wäre ein Warengeld heutzutage gar nicht umsetzbar (vgl. dazu auch Paul Krugman, "THE GOLD BUG VARIATIONS" und, auf deutsch, Bernhard Külp, oder dieser Forenbeitrag). Und sogar ein Warengeldsystem käme nur dann ohne Fiatgeld aus, wenn es als Vollgeldsystem konzipiert wäre; ansonsten ist das Buchgeld NOTWENDIG Fiatgeld. Ein Waren-Vollgeld (oder "Vollgeld-Warengeld) hat  zu keinem Zeitpunkt der Wirtschaftsgeschichte jemals existiert (auch nicht "zu Kaisers Zeiten"; s. a. hier). Und heute würde die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen, wenn man solche Phantasie"systeme" der Geldspinner umsetzen wollte.
Tatsächlich hat der Goldstandard, bereits die Weltwirtschaftskrise von 1929 ff. ausgelöst oder zumindest verschärft (vgl. insoweit u. a. auch den Aufsatz von Ben Bernanke "The world on a cross of gold: A review of 'golden fetters: The gold standard and the great depression, 1919–1939' " aus dem Jahr 1993).

Weiterhin ist es justament der von Höcke beklagte "Rationalisierungsdruck", der Marktwirtschaften so erfolgreich und Wohlstand überhaupt erst möglich macht! Wollten wir uns diesem entziehen, würde unser Wohlstand sinken.

Und, vorsorglich sei es gesagt: Wenn mir jemand etwas vom wunderbaren "freien Marktgeld" erzählen will, dann fordere ich ihn auf
  • den Begriff zu präzisieren (auf welche Weise wird dieses Geld geschöpft; wie funktioniert das System?) und
  • mir zu erklären, worin die Gelddeckung bei diesem System liegt.
Mit kernigen Begriffen dürfen wir - Sie und ich - uns in dieser Debatte nicht zufriedengeben, den in aller Regel steckt dahinter nichts als heiße Luft. (So auch hinter den hohlen Phrasen vom "Scheingeld" und vom "Geldsozialismus"!)


Zu Ziff. 14.2 (S. 69, Z. 24 - 27, "öffentlichprivatProjekte")
"Zu erwägen ist der Aufbau eines steuergünstigen deutschlandweiten Investitionsfonds oder Anleihefonds zur Finanzierung von InfrastrukturInvestitionen unter Beteiligung der Öffentlichen Hand, der Wirtschaft, Versicherungen und privaten Anteilseigner."
Davon halte ich rein gar nichts. Denn je nachdem, wie die Tilgung erfolgen soll, läuft das

1.     Auf eine verdeckte Erhöhung der Staatsverschuldung hinaus, wenn die Tilgung aus Steuermitteln erfolgt. Das stünde nicht nur im Widerspruch zum AfD-Ziel einer Senkung der Staatsverschuldung (Ziff. 11.9, S. 58/59), sondern käme auch teurer als eine UNMITTELBARE Staatsverschuldung (weil die Zinsen höher als diejenigen für Staatsanleihen sein müssten, um Investoren anzulocken).

2.     Auf eine verkappte Steuererhöhung hinaus, wenn die Schuldentilgung aus Gebühren (Maut usw.) erfolgen soll. Denn hier würden ja Infrastrukturleistungen des Staates, die sonst kosten frei zur Verfügung gestellt werden, wegen der speziellen Finanzierungsart mit Gebühren belastet. Das wäre vom wirtschaftlichen Ergebnis her nichts anderes als eine getarnte Steuererhebung.


So, jetzt reicht es.
Mir.
Und Ihnen, liebe Leser, sicherlich ebenfalls. ;-)

 

Nachtrag 28.03.2016
Zum Geldsystem vgl. jetzt meine kurze Erläuterung der kreditären Geldschöpfung "Wider die monetären Jahrmarktschreier: Warum die Geldschöpfung aus dem Nichts KEIN Skandal und 'reditgeld'(im Prinzip) selbstverständlich gedeckt ist".
 



ceterum censeo 


Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":

Der hat den A.... offen!

 

Textstand vom 27.04.2016

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