Montag, 18. April 2016

Antragsbuch 1 zum Stuttgarter Programmparteitag: Es hat noch nicht mal weh getan!


Das Antragsbuch Nr. 1 ("Anträge zur Tagesordnung und Sonstige Anträge") zu unserem Stuttgarter Bundesparteitag (Programmparteitag) am 30.04./01.05.2016 habe ich nunmehr durchgearbeitet.

Schneller als gedacht bin ich mit den 187 Seiten fertig geworden. Was insbesondere daran liegt, dass ich mich mit folgenden Komplexen gar nicht erst näher auseinandergesetzt habe:

1) Schiedsgerichtsordnung (S. 93 - 106): Habe ich nicht gelesen. Insoweit vertraue ich dem BuVo bzw. den juristischen Fachleuten unter meinen Parteifreunden.

2) Ebenfalls nicht durchgelesen habe ich mir die beiden alternativen Programmanträge von:
  • Wolfgang Gedeon, KV Konstanz (S. 124 - 14) und dem
  • Bezirksverband Niederbayern (S. 142 - 187 = Ende).
Insoweit bin ich der Meinung, dass es unzweckmäßig ist, wenn wir unseren Beratungen  Programmalternativen zu Grunde legen, die mehr oder weniger von Einzelpersonen ausklamüsert wurden.
Auch wenn ich persönlich nicht mit sämtlichen Punkten des Leitantrages konform gehe halte ich es für besser, wenn wir in unserem Beratungen von diesem Programmentwurf ausgehen, der immerhin von einem breiteren und repräsentativeren Personenkreis produziert bzw. "begutachtet" wurde.

Einen Programmentwurf (Gedeon), der im Märchenton beginnt:
"1.1 In grauer Vorzeit raubte der griechische Göttervater Zeus die phönizische Königstochter Europa und brachte sie nach Kreta. Im Mythos entsteht Europa also durch göttliches Eingreifen. So versteht es sich noch heute übernatürlich: nicht von seiner Geographie, nach der es nur ein Anhängsel Asiens ist, sondern von seiner Kultur her und seinem Geist!"
kann ich als Basis für ein Parteiprogramm ohnehin nicht ernst nehmen; da schaue ich mir den Rest gar nicht erst an.

Der Niederbayern-Entwurf ist z. B. in Ziff. 4.2 schlicht unseriös:
"Solange der Bau und Betrieb von Moscheen nicht nur dem gemeinsamen Gebet, sondern auch der Verbreitung der auf die Beseitigung unserer Rechtsordnung gerichteten islamischen Lehre dient, ist er zu untersagen. Dem können auch abweichende Beteuerungen islamischer Geistlicher nicht entgegenstehen, denn der Koran lässt zur Erreichung seiner Ziele gegenüber außenstehenden auch Lüge und Täuschung zu (die sog. Taqiya, Suren 3:28; 16:106; 40:28)."
Das läuft auf ein Verbot des Moscheenbaus überhaupt hinaus, weil der 2. Satz ja besagt, dass die Moscheen immer diesem Zweck dienen.
Insoweit lautete er in der vorangegangenen Fassung ehrlicher:
"Da der Bau und Betrieb von Moscheen nicht nur dem gemeinsamen Gebet, sondern auch der Verbreitung der auf die Beseitigung unserer Rechtsordnung gerichteten islamischen Lehre dient, ist er zu untersagen. Dem können auch abweichende Beteuerungen islamischer Geistlicher nicht entgegenstehen ....."
Anscheinend hat man gemerkt, dass diese Forderung auf gar keinen Fall mit der Religionsfreiheit des Grundgesetzes vereinbar ist, und hat die ursprünglich eindeutige Verbotsforderung durch eine Konditionalität ersetzt: 'Verbot dann, wenn .....'. Die aber durch den unveränderten Folgesatz als bloße Scheinkonditionalität entlarvt wird, weil dem Islam grundsätzlich Verfassungsfeindlichkeit unterstellt wird.

Darüber kann man lange und gelehrt diskutieren; in dem gegenwärtigen politischen und rechtlichen Umfeld Deutschlands hat ein Moscheenverbot jedenfalls keine Chance.
Auch inhaltlich halte ich eine derartige Forderung für extrem kontraproduktiv und denkbar unintelligent, weil sie die Muslime geradezu in die Arme von Radikalen treiben würde.

Letztlich aber lehne ich die Befassung des BPT mit diesen alternativen Programmvorschlägen schon deshalb ab, weil wir uns damit gnadenlos verzetteln würden.
Aus dem eingangs genannten Grund - dass nämlich der LEITANTRAG das Werk vieler fleißiger Hände ist - bin ich der Meinung, dass wir uns drauf beschränken sollten, DIESEN zur Beschlussgrundlage zu machen.

Auch andere Anträge sind mir teils zu abenteuerlich ("deutsche Souveränität"); vor allem aber sind mir viele allzu detailliert.
Das gilt z. B. für den Antrag SO 5 (S. 32) von Stephan Wunsch.
Wunsch wünscht eine Einbeziehung des Sozialstaatsprinzips in unser Parteiprogramm, was auch ich für sinnvoll halten würde. Zu Recht verweist er ausdrücklich auf einen an die Öffentlichkeit gelangten früheren Entwurf unseres Grundsatzprogramms, in dem marktradikale Kräfte unserer Partei hemmungslos ihre feuchten Träume auszuleben versuchten:
"Im vorab bekanntgewordenen Entwurf bestand eine enorme Schieflage bei den Sozialversicherungsthemen. Sie hatten eine stramm neoliberale Ausrichtung. Man wollte z.B. ALG I privatisieren oder die gesetzliche Unfallversicherung abschaffen."

Diesen handstreichartigen Angriff hatte ich seinerzeit selber auf das Schärfste kritisiert (vgl. meinen Blott "AfD-Programmentwurf: Libby Langfingers Dschihad gegen den Sozialstaat" vom 13.03.2016) und hätte deshalb den Wunsch vom Wunsch grundsätzlich unterstützt.
Aber leider beschränkt er sich nicht darauf, eine Beibehaltung (und zweckdienliche Weiterentwicklung) der gesetzlichen Sozialversicherungen (und meinetwegen auch eine Rückkehr zur Beitragsparität bei der gesetzlichen Krankenversicherung) zu beantragen.
Sondern er befrachtet seinen Antrag mit Detailforderungen ("je nach Einzahlungsdauer bis zu 36 Monate ALG 1 ..... . Die Anrechnung von Erspartem auf Lohnersatzleistungen muss deutlich verringert werden"), denen ich insbesondere bei den Leistungen für Arbeitslose eher reserviert gegenüberstehe (obwohl ich selber bei unseren Marktradikalen als "Sozialist" verschrien bin).
Da wäre eine Trennung in -2- Anträge: Einen allgemeinen Teil, der den Sozialstaatsgedanken als verbindlich auch für unsere Programmarbeit vorgibt und einen weiteren mit spezifischen Forderungen sinnvoll gewesen.

Das gilt erst Recht für eine Reihe von weiteren Anträgen, die für mich in die Rubrik "Wunschkonzert" fallen.

Es gibt aber auf der anderen Seite verschiedene Vorschläge, die ich für sinnvoll erachte.
Die führe ich nachfolgend nicht in der Reihenfolge des Antragsbuches an, sondern beginne, meiner persönlichen Priorität entsprechend, mit dem

Antrag SO 27 von Thomas Matzke

(S. 58; hier der Übersichtlichkeit halber gefettet und im Layout verändert):
"Der Bundesparteitag möge beschließen, dass die Alternative für Deutschland (AfD) die innerparteiliche Basisdemokratie noch stärker in den Mittelpunkt des eigenen Denken und Handelns noch stärker in den Mittelpunkt ihres eigenen Denkens und Handelns stellt. Dazu gehört insbesondere:
  • 1) die Einrichtung eines institutionalisierten internen Netzwerkes (moderiertes Internet-Forum) zum permanenten (politischen) Austausch unter den Mitgliedern (Diskussionsforum) auf Bundes- und Landesverbandsebene.
  • 2) die Einrichtung eines für alle Mitglieder offenen und transparenten Arbeitsforums auf Bundes- und Landesverbandsebene, um jedem Mitglied zu ermöglichen, sich jederzeit einen Überblick zum aktuellen programmatischen Sachstand verschaffen zu können, sich in den Programmatikprozess der Partei einbringen zu können und es dadurch zu ermöglichen, permanent an politischen Themenfeldern im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung organisiert zu arbeiten."
Die Forderung nach einem parteiinternen Forum habe ich bei Facebook wie auch in meinen Blogeinträgen schon des Öfteren erhoben.
Mir als Realist ist klar, dass eine echte Basisdemokratie (bei der alle wesentlichen Entscheidungen von den Mitgliedern getroffen würden) in größeren Organisationen nicht zu verwirklichen ist. Aber immerhin ermöglicht das Internet eine permanente politische Debatte unter den Mitgliedern.
Diese pflegen viele von uns zwar schon jetzt, nämlich insbesondere auf Facebook. Doch sind die Diskussionen dort
  • stark fragmentiert (die Gruppen haben teilweise nur einige hundert Mitglieder)
  • meist nicht auf Parteimitglieder beschränkt (und wenn, dann nur auf Landesebene oder noch darunter) und
  • aufgrund der technischen Beschränkungen bei Facebook, das ja kein Internetforum ist, völlig unstrukturiert sowie
  • für einen späteren Rückblick kaum wieder auffindbar.
Auf unserem Berliner Gründungsparteitag (14.04.2013) war ein parteiinternes Forum noch ein Anliegen vieler Mitglieder. Inzwischen scheint das Interesse daran etwas erlahmt zu sein; jedenfalls war die Zahl der zustimmenden Reaktionen auf meine einschlägigen Facebook-Beiträge recht überschaubar.
Das finde ich ausgesprochen schade; ich sehe es als eine Art politischer Selbstentmündigung an, wenn wir Mitglieder parteiintern nicht einmal mehr die Schaffung einer gemeinsame Diskussionsplattform durchsetzen (gegen die es "oben" anscheinend ziemliche Widerstände gibt).
Also, Freunde: Dieser Antrag gibt uns die Chance, dem BuVo die Einrichtung eines Forums verbindlich aufzutragen.

Allerdings beschränke ich meine Unterstützung auf den ERSTEN Teil des Vorschlages (den ich aus eben diesem Grunde oben optisch entsprechend aufgeteilt habe), also auf das DISKUSSIONSforum.

Skeptisch bin ich dagegen beim 2. Teil, der Forderung nach einem ARBEITSforum. Selbstverständlich wäre es basisdemokratisch wünschenswert, wenn sich alle (interessierten) Parteimitglieder beispielsweise an der Entwicklung von Programmentwürfen beteiligen könnten. Ich fürchte nur, dass das schnell in einen chaotischen Prozess abgleiten könnte.
Zunächst einmal müsste man (was in dem Antrag fehlt!) ein genaues bürokratisches Prozedere erarbeiten, insbesondere zu der Frage, an welchen Punkten und auf welche Weise die Programmkommissionen bzw. Fachausschüsse den Mitgliedern ihren jeweiligen Arbeitsstand vorstellen müssten.
Und dann natürlich auch, auf welche Weise ggf. die Rückmeldungen der Mitglieder des Arbeitsforums wieder in die Programmarbeit einfließen sollen.
Beides würde aber die Fachausschüsse in ihrer Bewegungsfreiheit erheblich einschränken, aus meiner Sicht allzu sehr. Wahrscheinlich würde die Arbeitsmotivation und die Arbeitsqualität in den Fachausschüssen leiden, wenn alle Mitglieder jederzeit "dreinreden" könnten.

Daher möchte ich die permanente parteiinterne Debatte auf EIN Forum beschränken (das natürlich zahlreiche Unterforen nach thematischen und organisatorischen Gesichtspunkten hätte). Ich erhoffe mir, dass es auch dort zu einem Austausch zwischen den Mitgliedern der Programmkommissionen und den anderen Parteimitgliedern kommt; das dann allerdings auf eine informelle Weise, welche den Fachausschüssen nicht das Gefühl gäbe, ständig am Gängelband geführt zu werden. (Vgl. näher meinen Blott "Einbeziehung der Parteimitglieder in Programmprozesse: Verbesserungsmöglichkeiten am Beispiel der AfD" vom 24.03.2016.)

Zusammenfassend also meine Empfehlung zu diesem Antrag:
Die gesamte Ziff. 2 streichen, Rest annehmen. Inhaltlich also: Den BuVo mit der Einrichtung eines Diskussionsforums zu beauftragen.

Dieser Punkt ist mir aus dem gesamten 1. Antragsbuch besonders wichtig; die Reihenfolge der nachfolgenden weiteren Anträge, die ich für sinnvoll halte und denen ich zustimmen werde (falls sie zur Abstimmung gelangen), ist dagegen weitgehend beliebig; daher folge ich hier großenteils (aber nicht ausnahmslos) der Reihenfolge im Antragsbuch.

Antrag TO 3 von Michael Principato

(S. 5; Beginn):
"Der Bundesparteitag möge beschließen die einzelnen Kapitel des Programmentwurfs, angelehnt an die Zustimmungsrate der Onlinebefragung in absteigender Reihenfolge, separat zu diskutieren und zu beschließen. Das heißt in folgender Ordnung: ....."
Begründung:
"Der Tagesordnungspunkt Nummer 10 der vorläufigen Tagesordnung des 5. Bundesparteitags lautet: „Beratung und Beschlussfassung zum „Leitantrag Programm“ der Bundesprogrammkommission und des Bundesvorstandes“. Aus diesem Titel ist nicht ersichtlich in welchem Modus über den Entwurf des Grundsatzprogramms
beschlossen werden soll
."

Diese Unklarheit war mir allerdings auch aufgefallen; auf irgend einen Modus, wie wir die Debatte auf unserem Parteitag auf einzelne Punkte herunterbrechen, werden wir uns festlegen müssen.
Hierzu scheint mir der Vorschlag von Michael Principato ein guter Beitrag zu sein; aber vielleicht haben andere Parteifreunde noch andere Ideen.
Ich lasse mich in Stuttgart überraschen.

Antrag SO 3 von Michael Schild

(S. 30):
"Der BPT möge beschließen, den Bundesvorstand mit der Schaffung einer Unterstützungseinrichtung für - im Rahmen ihrer Parteiarbeit oder mittelbar durch ihre Parteiarbeit - geschädigte, zum Beispiel körperlich verletzte oder von ihrem Arbeitgeber gekündigte, Parteimitglieder zu beauftragen. Die genaue Ausgestaltung der Einrichtung obliegt dem Bundesvorstand."
Der Antrag enthält keine Begründung; die ist aber m. E. auch nicht erforderlich. Es sollte selbstverständlich sein, dass wir denjenigen, die ggf. für unsere Partei ihre Gesundheit oder gar ihr Vermögen geopfert haben, auch unsererseits solidarisch beistehen.
Knackpunkt ist natürlich immer der Umfang solcher Maßnahmen und die Finanzierung.
Ich denke wir werden, um das Ganze nicht ausufern zu lassen, uns auf Härtefälle beschränken müssen. Was genau darunter zu verstehen ist, sollte sich aus der praktischen Abwicklung ergeben. Nach meiner Vorstellung wäre dafür eine Kommission zuständig, die im Laufe der Zeit über Präzedenzentscheidungen eine Art "Fallrecht" (case law) für diese Unterstützungskasse etablieren würde.
Die benötigten Mittel sollten aus meiner Sicht in der Weise aufgebracht werden, dass sie den allgemeinen (d. h. nicht von vornherein bestimmten Gliederungen zugedachten) Parteieinnahmen VOR deren Aufteilung auf die einzelnen Parteiebenen entnommen werden.
Auf diese Weise wird ein Streit darüber vermieden, welche Parteigliederung was bezahlen soll.

Antrag SO 6 von Franz Arnold

(S. 35, Beitragsermäßigung für Familienangehörige auf 50%; Senkung des Mindestbeitrags für Rentner und Pensionäre auf 90,- €).
Für mich ist das kein zentrales Anliegen. Ich habe auch nicht die Absicht als Rentner, der ich bin, selber dieses Privileg in Anspruch zu nehmen (zahle ohnehin mehr als den Mindestbeitrag). Aber die Idee erscheint mir auf jeden Fall diskussionswürdig.
Ob sich allerdings die erwarteten Einsparungen ("Ersparnisse treten ein durch die Versand-Beschränkung von Informationen aller Art auf jeweils eine Person des Familienverbundes") tatsächlich realisieren lassen, weiß ich nicht. Es könnte sein, dass aus Rechtsgründen die Informationen doch an alle Mitglieder versendet werden müssen.
Bei dem Mindestbeitrag für Rentner wäre freilich anzuregen, auch diesen prozentual (also mit 75%) nach dem jeweiligen Standard-Mindestbeitrag zu definieren, damit man bei Änderungen diese Bestimmung nicht extra korrigieren muss.

Antrag SO 17 von Sebastian Marquardt

(SO 17, S. 46; beachte zu diesem Antrag jedoch den hier im Anschluss behandelten SO 36!):
"Der Bundesparteitag möge beschließen, dass § 4 Abs. 6 der Bundessatzung wie folgt geändert wird:
Änderung § 4 Abs. 4 (Änderung in >>...<>Bei einem Wohnwechsel kann das Mitglied, in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines sachlichen Grunds Mitglied in seinem bisherigen Gebietsverband bleiben. Der Verbleib bedarf der Zustimmung des Vorstands des behaltenden. niedrigsten rechtlich selbstständigen Gebietsverbands und des zuständigen Landesverbands.<< Die Landesverbände können in ihren Satzungen Näheres regeln
."

Dieser Passus erscheint grundsätzlich sinnvoll, wenn zwei Fehler ausgemerzt werden, die sich eingeschlichen haben.
Gewollt war (wie ich mit Hr. Marquardt abgeklärt habe) nämlich keine ÄNDERUNG des § 4,6, sondern eine ERGÄNZUNG.
Und statt "Änderung § 4 Abs. 4" muss es natürlich heißen: "Ergänzung § 4 Abs. 6".

Allerdings gibt es einen ähnlichen Antrag, der vielleicht noch besser, weil allgemeiner gefasst ist:

Antrag SO 36 von Helmut Birke

(S. 77):
"Der Bundesparteitag möge beschließen, den Paragraphen 4 der Bundessatzung zu ergänzen. § 4 – Erwerb der Mitgliedschaft (5) Soweit sich aus den nachfolgenden Regelungen nichts Abweichendes ergibt, sind Mitglieder grundsätzlich dem Gebietsverband zugehörig, in dessen Gebiet sich ihr melderechtlicher Hauptwohnsitz befindet. Bei einem Wechsel des Hauptwohnsitzes hat das Mitglied den Wohnsitzwechsel unverzüglich dem bisherigen und dem neuen Gebietsverband anzuzeigen. NEU: Auf begründeten Antrag des Mitglieds können Ausnahmen vom Wohnortprinzip zugelassen werden."
Aus meiner Sicht verbindet diese Neuregelung die Flexibilisierungsmöglichkeit des bisherigen § 4 Abs. 6 ("In Ausnahmefällen kann ein Mitglied bei Vorliegen eines sachlichen Grunds beantragen, aus seinem Gebietsverband auszuscheiden und stattdessen Mitglied in einem anderen zu werden") mit dem oben behandelten Antrag SO 17 (Sebastian Marquardt).
Allerdings hat der vorliegende Antrag zwei technische Schwächen. Es fehlen nämlich
  • die sich zwangsläufig ergebende Notwendigkeit, den Abs. 6 zu streichen (wodurch der Abs. 7 zum neuen Abs. 6 würde); aber vor allem
  • eine Regelung, WER, d. h. welche Parteigliederung, die Ausnahme vom Wohnortprinzip zulassen darf. Für mich bietet es sich an, insoweit an die bisherige Regelung im gegenwärtigen Abs. 6 anzuknüpfen ("Der Wechsel bedarf der Zustimmung des Vorstands des aufnehmenden niedrigsten rechtlich selbständigen Gebietsverbands und des zuständigen Landesvorstands.").


Antrag SO 33 von Dieter Amann

(S. 71 - 74; dauerhafte Begrenzung der Bundesfachausschüsse auf jeweils 22 Mitglieder.)
Ich selbst bin nicht betroffen und im Grunde kann es mir gleichgültig sein. Aber die Begründung (S. 74) leuchtet mir ein:
"Die Lösung für all diese praktischen Probleme [zu groß für effektive Arbeit, hohe Fahrkostenerstattung für LVe, ggf. Problem, geeignete und willige Mitglieder für diesen Job zu finden] bietet die vorgeschlagene Änderung als Kompromiss zwischen der alten und der neuen Lösung. Damit bliebe es bei maximal 22 Ländervertretern, also einer für die praktische Arbeit sinnvollen Größe."
Und wenn es Möglichkeiten gibt, die Arbeit unserer Partei organisatorisch zu verbessern, dann sollten wir die auch nutzen.

Antrag SO 40 von Martin Mohr

(S. 81)
Der Antrag zielt darauf ab, Landeswahlversammlungen verbindlich als MITGLIEDERversammlungen vorzuschreiben; Kandidaten für Landtage usw. könnten dann also nicht mehr von Delegierten gewählt werden. Das halte ich für eine gute Idee im Sinne der innerparteilichen Basisdemokratie.

Antrag SO 22 von Bernd Püringer

(S. 52):
"Der Bundesparteitag möge folgendes beschließen: Die AfD setzt sich für eine gleichbleibende Sommer-wie Winterzeit ein und damit für die Abschaffung der jährlichen Zeitumstellungen."
Finde ich vernünftig, auch wenn mir das kein vordringliches Anliegen ist.
Dagegen mutet mich der Antrag SO 8 (Antragsteller Johannes Brinkrolf; Text: "Der Bundesparteitag möge beschließen, die Winterzeit abzuschaffen") mit seiner Begründung "dass es [dadurch] im Winter eine Stunde länger hell ist" allzu naiv an.

Antrag TO 10 von Julian Flak, unterstützt durch Bundesvorstand

(S. 19, Auszug)
"Der Bundesparteitag bestätigt die vom Bundesvorstand in seiner Sitzung vom 18. März 2016 gemäß § 8 (1) (b) Bundessatzung beschlossene Auflösung des Landesverbandes Saarland."
Dieser Punkt dürfte durch die zwischenzeitlichen Entwicklungen (Ablehnung der LV-Auflösung durch das Schiedsgericht) wohl erledigt sein?


Das Beste zum Schluss, nämlich ein

Politisches Manifest der Partei Alternative für Deutschland,

verfasst von den AfD-Mitgründern Martin E. Renner (dem wir auch unseren Parteinamen und unser Parteilogo verdanken, und der gegenwärtig gemeinsam mit Marcus Pretzell Co-Vorsitzender des LV NRW ist) und Axel Hahn (Berlin), sowie von Bengt Hofmann.

Der Text erscheint auf den Seiten 107 - 123 des 1. Antragsbuches; dazu gehören
  • TO 5 (S. 8). Hier wird beantragt, vor den TOP 10 der vorläufigen Tagesordnung einen weiteren Punkt „Beratung und Beschlussfassung des Ergänzungsantrags „Politisches Manifest der Partei Alternative für Deutschland“ einzuschieben und
  • SO 26 (S. 57), wo der Antrag auf Verabschiedung des Manifests formal eingebracht wird ("Politisches Manifest, siehe gesondertes Kapitel").
Mögliche Missverständnisse zum Verhältnis von Manifest und Grundsatzprogramm klärt die Begründung zu SO 26 (meine Hervorhebung):
"Das vorgelegte „Politische Manifest der Partei Alternative für Deutschland“ wird prinzipiell nicht als konkurrierender Entwurf zum „Leitantrag Programm“ gesehen und verstanden, sondern als sinnvolle Ergänzung des vorgelegten und zur Abstimmung gestellten Programms."

Wie nicht anders zu erwarten, habe auch ich den einen oder anderen Punkt im Manifest zu bekritteln. In der Summe jedoch bewerte ich es außerordentlich positiv.
Der Text hebt uns über die Niederungen des politischen Alltags hinaus; er reanimiert jene beglückende Aufbruchsstimmung, wie wir "Veteranen" sie auf unserem Berliner Gründungsparteitag erleben durften.

Ich empfehle daher, dem Antrag zum Einschub in die Tagesordnung und anschließend dem Manifest selber zuzustimmen und mache meine Zustimmung auch nicht davon abhängig, dass meine nachfolgenden kritischen Anmerkungen sich in entsprechenden Abänderungen niederschlagen.

Hier haben wir auf jeden Fall einen Text, den wir den Interessenten am Informations- und Wahlkampfstand in die Hand drücken und von dem wir hoffen können, dass er auch gelesen wird. Was bei dem langen Grundsatzprogramm eher unwahrscheinlich ist.
Und wenn Interessenten ihn lesen, dann werden sie sich eher dadurch als durch unser (seiner Natur nach) langatmiges Grundsatzprogramm für unsere AfD begeistern lassen.
Und auch wir selber können unsere politische Kompassnadel immer wieder an diesen Vorgaben justieren.

Er ist auch inhaltlich präsentabel; niemand kann uns damit Grundgesetzfeindlichkeit, Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Rückwärtsgewandtheit usw. anhängen, wie unsere Gegner das sonst so gerne machen.
Also nochmal: Unbedingte Zustimmung, und Zustimmungsempfehlung meinerseits!

Nun aber doch noch einige kritische Randnotizen:

Zu S. 109 (S. 3 des Manifests) unten:
Ich persönlich will keine vollständige Abschaffung der Rundfunkgebühr, sondern eine Senkung auf ein Niveau, auf dem eine mediale GRUNDversorgung, anstelle der gegenwärtigen RUNDversorgung gewährleistet ist. Also z. B. 5,- € p. P. und Monat. (Unternehmen müssen selbstverständlich gebührenfrei bleiben; die hören als solche schließlich kein Radio.)
Aber WENN man die totale Abschaffung fordert, dann wirkt die Forderung auf S. 112 (6) Abs. 2
"Die gängige Praxis der „Postenvergabe nach Parteibuch“ muss unterbunden werden. Auch die Organisation der öffentlich- rechtlichen Medien als sogenannte „Vierte Gewalt “ im Staat muss in diesem Sinne neu überdacht werden"
etwas inkonsistent.

Zu S. 111 (5), drittletzter Abs.:
"[Die AfD] widersetzt sich ..... jeder weiteren Verlagerung politischer Kompetenzen ..... . Dies gilt insbesondere auch für Verlagerungen auf das sogenannte Europäische Parlament, solange der Grundsatz der Gleichwertigkeit der Stimme für jeden europäischen Stimmbürger ( „one man, one vote“ ) nicht gegeben ist.
Für die (von mir gefettete) einschränkende Formulierung sehe ich keinen Grund. Wenn die AfD keinen europäischen Superstaat will (s. a. S. 115 / 9, Abs. 2 "..... wird eine umfassende Reform der EU angestrebt , welche die wenigen unumgänglich supranationalen politischen Kompetenzen fest definiert , alle anderen Kompetenzen jedoch dem Subsidiaritätsprinzip folgend auf die nationalen Ebenen rückverlagert"), dann gibt es auch keinen Grund, dem EP überhaupt weitere Kompetenzen zu übertragen; logisch wäre dann die Forderung nach seiner Abschaffung!

Zu S. 111 (5), vorletzter Abs.:
"Begrenzung der unmittelbaren Wiederwahlmöglichkeiten für politische Amtsträger in Parlamenten und Regierungen zur Verhinderung eines Berufsparlamentariertums wird als notwendig erachtet."
Diese Forderung halte ich für populistisch und nicht im wohlverstandenen Interesse des Volkes liegend. Zur Begründung zitiere ich aus meinem Blott "Änderungsvorschläge und Anmerkungen zum AfD-Grundsatzprogramm" vom 27.03.2016 jene Stelle, die sich auf eine entsprechende Passage im Programmentwurf bezieht:
"Zu Ziff. 1.5.4 (S. 7/8, "Amtszeit begrenzen")
Die vorgeschlagene Begrenzung der Amtszeit für Abgeordnete und Bundeskanzler halte ich für kontraproduktiv. Sie schwächt die Stellung der Politiker (als "Dilettanten"), und damit letztlich die Stellung der Bürger gegenüber den Routiniers der Verwaltung. Politik ist kein Kinderspiel, das "jeder kann", und auch nicht im Schnellverfahren zu erlernen. Außerdem sollte doch gerade die AfD als Advokatin einer Stärkung der Wählerrechte den Bürgern vertrauen, dass die selber entscheiden, wie lange sie einen Politiker im Amt lassen wollen."

Zu S. 112 (6) Abs. 1:
Für ein "Verbot von Mandatsträger-Sonderbeitragsregelungen zur ..... Parteienfinanzierung aus Abgeordnetendiäten" sehe ich keinen Bedarf. Diese Finanzierung muss zwar freiwillig erfolgen, d. h. die Abgeordneten dürfen dazu von ihrer Partei nicht vertraglich verpflichtet werden. Aber wenn sie ihre Partei aus ihren Diäten über die normalen Mitgliedsbeiträge hinaus unterstützen möchten, dann sollten sie das auch tun dürfen.

Zu S. 113 (7) Abs. 1:
Den dort - als politisches Fernziel - erwähnten "Fiskalförderalismus" lehne ich ab.
Zwar sollte der Finanzausgleich der Länder schrittweise zurückgeführt und ein größeres Maß an finanzieller Ungleichheit hingenommen werden (auf längere Sicht vielleicht von 80 : 120 zwischen dem finanziell schwächsten und dem stärksten Bundesland).
Aber "Fiskalföderalismus" steht offenbar für eigenständige Steuerregeln in den Bundesländern. Das führt aber zum Rosinenpicken: gerade die besonders leistungsfähigen Steuerpflichtigen werden versuchen, sich dort anzusiedeln, wo sie die geringste Besteuerung erdulden müssen. Aber gerne die Leistungen (z. B. Theaterbesuche oder Studium der Kinder an gut ausgestatteten Universitäten) in Hochsteuer-Bundesländern in Anspruch nehmen. Letztlich führt das nicht zu einer gesunden Steuerkonkurrenz, sondern zur Entsolidarisierung der starken mit den schwachen Schultern, wie wir sie ja bereits durch den Umzug von Vermögenden in die Schweiz usw. beobachten.

S. 113 - 115 (7 - 9, Kap. "Für Nation"):
Insbesondere die S. 114 (8) enthält viele gelungene und inhaltlich begeisternde Formulierungen, denen ich nur zustimmen kann.


S. 118/119 (12/13), letzter bzw. erster Abs.:

"Sie [die AfD] steht ..... auch der Idee und dem Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens für Staatsbürger prinzipiell offen gegenüber: Sofern dieses Konzept finanzierbar sein sollte, würde es die zahlreichen Sozialleistungen und eine ins gigantische angewachsene Sozialstaats-Bürokratie überflüssig machen. Es würde hingegen Menschen freistellen, sich ehrenamtlich für soziale, karitative und kulturelle Aufgaben zu engagieren."
 
Auf den ersten Blick ist das sicherlich ein verlockender Gedanke: 'Wir drücken allen Mitbürgern monatlich ein Scheinchen in die Hand, und können so schaffen diese ganze monströse (Sozial-)Bürokratie abschaffen."
Aber zum einen wird es auch dann immer noch Bereiche für eine Sozialbürokratie geben: Wer kommt beispielsweise für die Gesundheitskosten auf, wenn sich die Grundeinkommensbeglückten nicht versichern können oder wollen?
Vor allem fürchte ich negative mentale Effekte auf die Leistungsbereitschaft und überhaupt das Verständnis dafür, dass es letztlich keine (staatlicher Geld-)Leistungen ohne (individuelle Arbeits-)Leistungen geben kann. Vielmehr wird dann für viele "das Geld ja vom Staat" kommen, ähnlich wie jetzt schon "der Strom aus der Steckdose" kommt. Und die Bürger nicht mehr bereit sind, Kraftwerke und Fernstromleitungen zu tolerieren.
Und ich befürchte auch, dass nicht wenige Zeitgenossen (Antifanten) sich eher auf Demos gegen die AfD engagieren würden denn "ehrenamtlich für soziale, karitative und kulturelle Aufgaben".
 
S. 123 (17) Abs. 2 (Solidarität der Europäer mit Israel):
Ich persönlich würde lieber etwas Abstand zu Israel halten. Denn es fällt schwer, dort eine "gerechte Sache" zu identifizieren. Zwar würden die Palästinenser Israel lieber heute als morgen vernichten. Aber auch Israel unternimmt alles, um sich das Westjordanland unter den Nagel zu reißen und die Palästinenser (auch) von dort zu verdrängen.
Moralisch völlig koscher sind also BEIDE Seiten nicht; auch wenn ich nicht verkenne, dass für die Juden mehr auf dem Spiel steht.
Andererseits wird dieser Passus verhindern, dass die AfD-Hasser bei unserer politischen Konkurrenz und in den Medien uns als antisemitisch brandmarken können; insoweit soll er mir letztlich dann doch recht sein.
 
 
ceterum censeo 
Wer alle Immiggressoren der Welt in sein Land lässt, der ist nicht "weltoffen":
Der hat den A.... offen!
Textstand vom 20.04.2016

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